»Bernhard Kegel ist der deutsche Michael Crichton. ›Der Rote‹ ist sein Meisterwerk.«
Ulrich Baron, Die Welt
Hermann Pauli 1
Kaikoura, Neuseeland: Ein gewaltiges Seebeben verwandelt den malerischen Küstenstreifen binnen Minuten in eine Schlammwüste. Die Wale verschwinden und mit ihnen die Touristen. Nur der deutsche Biologe Hermann Pauli bleibt, der eigentlich in Neuseeland den Tod seiner Frau verwinden wollte. Jetzt streift er durch einen Ort der Verwüstung. Doch dann stellt er fest, dass das Seebeben auch etwas zutage gefördert hat, nicht nur zahllose Tiefseetintenfische, die am Strand des Campingplatzes verenden, sondern auch etwas Riesiges, Monströses, das die Welt um ihn herum in höchste Alarmbereitschaft versetzt.
Leseprobe
1. Kaikoura
Maui
Wieder war er schweißgebadet aufgewacht. Seit Tagen fand er abends nicht in den Schlaf, dann folgten Nächte, so kurz und wenig erholsam, dass es ihm beim ersten müden Blinzeln am Morgen vorkam, als hätte es sie gar nicht gegeben. Hermann Pauli kannte diesen Zustand, er hatte weiß Gott genug Zeit im Kampf mit quälenden Gedankenspiralen verschwendet, die irgendwann nur noch um sich selbst kreisten. Er hatte es kommen sehen und vielleicht sogar provoziert. Es war schließlich seine Entscheidung gewesen, hierher zu fahren, um in den eigenen alten Fußstapfen zu wandeln. Er hatte versucht, sich zu wappnen, aber als der Rückfall dann mit Urgewalt über ihn hereinbrach, hatte er nur noch Schutz suchen können und gehofft, das Unwetter würde sich bald ausgetobt haben und vorüberziehen.
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Pressestimmen
»Der 1953 geborene Biologe Bernhard Kegel hat schon mit Romanen wie »Wenzels Pilz« und »Das Ölschieferskelett« bewiesen, dass er der deutsche Michael Crichton ist, der die neuesten Entdeckungen der Wissenschaft mit spannenden und humorvollen Geschichten zu verbinden weiß. »Der Rote« ist sein Meisterwerk.
So spannend und so lehrreich wie »Der Schwarm«: Bernhard Kegels maritimer Endzeit-Roman »Der Rote« mischt meisterhaft Fakt und Fiktion. Ein deutscher Wissenschaftler macht sich auf die Suche nach einem sagenhaften Ungeheuer – und wird in der Tiefsee fündig.«
Ulrich Baron, Die Welt
»Der Roman ist eine Art Riesenkrake, der uns mit seinen Exkurs-Tentakeln und emotionalen Saugnäpfen sofort gefangen nimmt. Kegels ‚Roter‘ leuchtet so aus sich heraus, dass man am Ende die monströsen Weichtiere, die Wale anknabbern und Wissenschaftler zu Hyänen machen können, fast kraulen möchte.«
Martin Halter, Berliner Zeitung
»Der Biologe Bernhard Kegel hat nicht nur einen packenden Thriller geschrieben, sondern zugleich ein Plädoyer für den Schutz der Tiefsee und ihrer Kreaturen.«
Greenpeace Magazin 10.2007
Über den Umgang mit Tatsachen
Wenn Sie »Der Rote« gelesen haben, wird es Sie nicht überraschen, wenn ich mich als großer Fan dieser Tiergruppe oute. Im besten Fall teilen Sie jetzt meine Begeisterung und wollen mehr über diese Tiere erfahren. (Falls Sie das Buch noch lesen wollen oder mittendrin stecken, sollten Sie sich das Folgende erst ansehen, wenn Sie die Lektüre hinter sich haben.)
Manches, was im Buch über Cephalopoden berichtet wird, mag seltsam, ja, unwahrscheinlich, klingen. Meine Darstellung dieser faszinierenden Tiere hält sich aber eng an die Tatsachen. Mit zwei Ausnahmen: Das kollektive und synchrone Leuchten der Kalmare, das Hermann Pauli am Peketa Beach so begeistert, ist – leider – reine Erfindung. Mir ist nicht bekannt, dass etwas Ähnliches je beobachtet oder beschrieben worden wäre, aber die Vorstellung gefiel mir so gut, dass ich nicht widerstehen konnte. »Der Rote« ist ein Roman und in einer fiktiven Geschichte muss es erlaubt sein, der Phantasie den Vorzug vor der Faktenliebe zu geben, zumal ich ja geständig bin und das, was ich erzähle, nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, sondern sich an bekannten Tatsachen entlanghangelt. Es ist vorstellbar, wenn auch vielleicht nicht sehr wahrscheinlich. (Das Gleiche gilt im Übrigen auch für das Verhalten des Roten. Wie sich ein solches Tier in der geschilderten Extremsituation verhalten würde, weiß kein Mensch, also muss und darf man es sich ausdenken.) Die Biolumineszens der Kopffüßer dient vermutlich nicht nur der Tarnung durch »Gegenbeleuchtung«, wie im Buch geschildert, sondern auch dem Beuteerwerb, der Partnerfindung und der Kommunikation, z.B. um größere Gruppen zusammenzuhalten.
Zudem bin ich zuversichtlich, dass man mich nie widerlegen wird. Der Teil der Tiefsee, der genau untersucht wurde und über den man in etwa so gut Bescheid weiß, wie über die Ökosysteme über Wasser, ist nicht größer als ein paar Fußballfelder. Da unten dürfte sich so einiges abspielen, von dem wir bislang nicht die geringste Ahnung haben. (Ich halte es allerdings für sehr unwahrscheinlich, dass dazu auch die Existenz einer zweiten irdischen intelligenten Spezies gehört.)
Der zweite Punkt, in dem ich übertrieben habe, betrifft das Leuchten gefangener Tiere. Es dürfte zu den seltenen Glücksmomenten eines Tiefseecephalopodenforschers gehören, wenn mit dem Schleppnetz an die Oberfläche geholte Tiere sich als unversehrt und vital erweisen. Dass sie aber nach überstandener Fangtortur in einem Aquarium noch dreißig oder gar sechzig Minuten lang in voller Pracht erstrahlen, wie es Raymond an Bord der Otago erlebt, ist sehr unwahrscheinlich.
Die Moby-Klick-Gruppe existiert tatsächlich. Alles, was im Roman über die Pottwale von Kaikoura berichtet wird, ist ihren Publikationen entnommen oder wurde mir im persönlichen Gespräch erzählt.
Noch eine letzte Klarstellung: Man kann den Farbwechsel und das erstaunliche Tarnvermögen der Kopffüßer gar nicht genug preisen. Wer einmal das Glück hatte, balzende Sepien zu erleben, wird das nie vergessen, und es grenzt tatsächlich an ein Wunder, wie Kraken sich in Sekundenschnelle ihrer Umgebung anpassen. Allerdings ist diese Fähigkeit nicht bei allen Arten in gleicher Weise ausgeprägt. Für Tiere, die in tieferen Wasserschichten leben, in die sich kaum ein Lichtstrahl verirrt, macht Tarnung durch Farbanpassung keinen Sinn und wurde deshalb aus Energiespargründen aufgegeben. Diese Tiere sind oft durchsichtig, besitzen nur wenige, fleckenartige Farbzellen oder sie sind, wie der tierische Held meiner Geschichte, tief rot, besitzen also nur (oder fast nur) rote Chromatophoren.
Literatur
Wie zu fast allen wissenschaftlichen Themen ist auch die Literatur über Cephalopoden schier uferlos. Hier eine kurze Liste von Büchern und Aufsätzen, die für die im Roman »Der Rote« behandelten Themen von besonderer Bedeutung sind, natürlich ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit. Ich habe die Arbeiten über Cephalopoden und Pottwale der Übersicht halber getrennt.
Auf einige Arbeiten möchte ich noch einmal gesondert hinweisen. Angaben zum Größenverhältnis von Tieren, die in Pottwalmägen bzw. Schleppnetzen gefunden wurden, gibt Malcolm Clarke (1977), der jahrelang als Beobachter auf Walfangschiffen mitgefahren ist.
Die umstrittene These, dass Cephalopoden die Profiteure des weltweiten Fischfang-Overkills sein könnten, stammt von Caddy & Rodhouse (1998).
Auf die Idee, dass parasitische Kastration eine Rolle spielen könnte, brachte mich der Aufsatz von Walter Manger et al. (1999). Darin findet sich auch die Aufnahme des riesigen fossilen Nautiloiden, den Ray Hermann am Bildschirm zeigt. Die von Ray erwähnten Untersuchungen an parasitierten Schnecken stammen von Kim Mouritsen et al. (1994).
Für Ungeduldige sind einige der wichtigsten Texte hervorgehoben. Die meisten existieren leider nur im englischen Original.
Über Cephalopoden:
- Abbott, N. Joan; Williamson, Roddy & Maddock, Linda (Ed.) 1995: Cephalopod Neurobiology. Neuroscience studies in squid, octopus and cuttlefish. Oxford University Press, Oxford
- Clarke, Malcolm R. 1977: Beaks, Nets and Numbers. Symp. zool. Soc. London (1977) No. 38, pp 89–126, Academic Press, London
- Clarke, Malcolm R. (Ed.) 1996: The role of cephalopods in the world’s oceans. Phil. Trans. R. Soc. London B 351, pp 979‑1112
- Caddy, J. F. & Rodhouse, P. G. 1998: Cephalopod and groundfish landings; evidence for ecological change in global fisheries?Reviews in Fish Biology and Fisheries 8, pp 431–444
- Diverse 2000: Proposal for the Protection of Whyalla’s Australian Giant Cuttlefish spawning grounds from 2001 onwards. Whyalla
- Ellis, Richard 2002: Riesenkraken der Tiefsee. Die aufregende Suche nach den letzten unbekannten Wesen unserer Welt. Heel Verlag, Königswinter
- Hanlon, Roger T. & Messenger, John B. 1996: Cephalopod Behaviour. Cambridge University Press, Cambridge
- Manger, Walter L.; Meeks, Lisa & Stephen, Daniel 1999: Pathological gigantism in middle carboniferous cephalopods, Southern midcontinent, United States. In: Oloriz & Rodriguez-Tovar 1999: Advancing Research on Living and Fossil Cephalopods. pp 77–89, New York
- Messenger, J. B. 2001: Cephalopod chromatophores: neurobiology and natural history. Biological Reviews 76, pp 473–528, Cambridge Philosophical Society
- Mouritsen, Kim N. & Jensen, K. Thomas 1994: The enigma of gigantism: effect of larval trematodes on growth, fecundity, egestion and locomotion in Hydrbia ulvae (Pennant) (Gastropoda: Prosobranchia). J. exp. Mar. Biol. Ecol. 181, pp 53–66
- Nigmatullin, Ch. M.; Nesis, K. N. & Arkhipkin, A. I. 2001: A review of the biology of the jumbo squid Dosidicus gigas (Ceph.: Ommastrephidae). Fisheries Research 54, pp 9–19
- Norman, Mark D. & Lu, C.C. 1997: Sex in giant squid. Nature 389, pp 683–684
- O’Shea, Steve 2002: Haliphron atlanticus – a giant gelatinous octopus. Biodiversity Update 5, NIWA, Wellington, Neuseeland
- Pascual, S. & Hochberg, F.G. 1996: Marine Parasites as Biological Tags of Cephalopod Hosts. Parasitology Today 12, pp 324–327
- Piatkowsky, Uwe; Pierce, G.J. & Morais da Cunha, M. 2001: Impact of cephalopods in the food chain and their interaction with environment and fisheries: an overview. Fisheries Research 52, pp 5–10
- Santos, M. B.; Clarke, M. R. & Pierce, G. J. 2001: Assessing the importance of cephalopods in the diets of marine mammals and other top predators: problems and solutions. Fisheries Research 52, pp 121–139
- Widder, E. A. 1999: Bioluminescence. In: Archer, A.N. et al. 1999: Adaptive Mechanisms in the Ecology of Vision, pp 555–581, Kluwer Academic Publishers, Dordrecht
- Warnke, Kerstin; Keupp, Helmut & von Boletzky, Sigurd 2003: Coleoids Cephalopods Through Time. Proceedings of the International Symposium, Berliner paläobiologische abhandlungen, Band 3, Berlin
Über Pott- und andere Wale:
- Childerhouse, Simon J.; Dawson, Stephen & Slooten, Elisabeth 1995: Abundance and seasonal residence of sperm whales at Kaikoura, New Zealand. Can. J. Zool. 73, pp 723–731
- Dawson, Stephen M. 1996: Distribution, Abundance and Population Structure of Sperm Whales at Kaikoura. WWF Final report, WWF New Zealand
- Jaquet, Nathalie; Dawson, Stephen & Slooten, Elisabeth 2000: Seasonal distribution and diving behaviour of male sperm whales off Kaikoura: foraging implications. Can. J. Zool. 78, pp 407–419
- Lettevall, Erland; Richter, Dawson; Whitehead et al. 2002: Social structure and residency in aggregations of male sperm whales. Can. J. Zool. 80, pp 1189–1196
- Mann, Janet; Connor, Richard C.; Tyack, Peter L & Whitehead, Hal (Eds.) 2000: Cetacean Societies. Field Studies of Dolphins and Whales. The University of Chicago Press, Chicago
- Santos, M. B.; Pierce, G. J.; Boyle, P. R. et al. 1999: Stomach contents of sperm whales Physeter macrocephalus stranded in the North Sea 1990–1996. Marine Ecology Progress Series 183, pp 281–294
- Shuker, Karl 2002: The New Zoo. New and rediscovered animals of the twentieth century. House of Stratus, Thirsk
- Whitehead, Hal 2003: Sperm Whales. Social Evolution in the Ocean. The University of Chicago Press, Chicago
Links
Für Tintenfisch-Freaks weltweit gibt es eine Webseite, die alles bietet: The Octopus News Magazine Online von Tony Morelli unter der Adresse. https://www.tonmo.com
Hier wird über die Haltungsbedingungen von Kraken diskutiert, über Cephalopoden in Literatur und Film und über jede neue Tentakelsichtung. Wenn in der Welt irgendwo etwas auftaucht, das entfernt an einen großen Kopffüßer erinnert, hier finden Sie entsprechende Hinweise und die Links, die Sie auf den richtigen Weg führen. Keine primär wissenschaftliche Seite, aber auch Wissenschaftler mischen mit, allen voran der Neuseeländer Steve O’Shea, gewissermaßen der wahre Mr. Architeuthis, der aber (außer seiner früheren Arbeitsstelle, dem NIWA) nichts mit Raymond Holmes gemeinsam hat.
Die wissenschaftliche Nahtstelle für die Online-Cephalopodenwelt ist James Woods Cephbase. Hier finden Sie Informationen, Literatur, Fotos und Videos zu einer großen Anzahl von Arten: https://thecephalopodpage.org
Fotos
Cephalopoden gehören zu den höchstentwickelten Tieren unseres Planeten, nur kaum einer kennt sie. Die Auslagen von Fischgeschäften helfen da ebensowenig weiter wie die zumeist traurigen oder versteckten Gestalten, die man in Aquarien finden kann. Schnorchler haben kaum Chancen lebende Kopffüßer zu entdecken und selbst Taucher müssen sehr viel Glück und ein geschultes Auge haben, um die zumeist hervorragend getarnten Tiere ausfindig zu machen. Vielleicht können sie Kraken oder Sepien beobachten, die große Masse der etwa 750 Cephalopodenarten aber bleibt auch ihnen verborgen.
Ich selbst bin kein Unterwasserfotograf (und ich habe mich schon oft über das rücksichtslose Verhalten mancher Taucher geärgert, die, bewaffnet mit riesigen Kameraungetümen, zur Gefahr für Riffbewohner und Mittaucher werden. Tut mir leid, aber ich finde, in den Händen von Menschen, die noch in erster Linie damit beschäftigt ist, zu tarieren und sich stabil im Wasser zu positionieren, haben teure schwere Kameras mit weit ausladenen Blitzgeräten nichts verloren. Sie sollten denen vorbehalten bleiben, die sich auf beides verstehen: Das Tauchen und das Fotografieren.) In vielen hervorragenden Unterwasser-Bildbänden oder Dokumentationen findet man aber einzelne Aufnahmen von Kopffüßern, darunter auch von Tiefseeformen wie Vampyroteuthis. Riesenkalmare und die anderen Giganten wurden nahezu ausschließlich als mehr oder weniger desolat zugerichtete Leichen abgelichtet. Die einzige Ausnahme machen die Aufnahmen von Kubodera und Mori, die auch im Buch erwähnt werden. Sie sind allerdings eher von historischem bzw. dokumentarischem Wert und meilenweit von der Qualität anspruchsvoller Tierfotografie entfernt.
Wer sich einen Überblick über die Formenvielfalt der Cephalopoden verschaffen will, wer wissen will, wie der Peitschenschnurkalmar aussieht, der Hermanns Kühlschrank blockierte, der Histioteuthis, den Ray und Susan bewunderten, oder irgendeine der anderen im Buch erwähnten Arten, muss zu Mark Normans »Tintenfisch-Führer« greifen. Das Layout dieses Buches ist zwar gewöhnungsbedürftig, dafür bietet es aber mit über 800 Fotos eine Zusammenstellung, die ihresgleichen sucht, und das zu einem erschwinglichen Preis. Neben Beschreibungen der einzelnen Arten gibt es zahlreiche informative Textbeiträge über spezielle Aspekte der Cephalopodenbiologie, etwa über Biolumineszens, Fortpflanzung, Tiefsee, Riesenkalmare und vieles mehr. Nur eines werden Sie darin vergeblich suchen: Ein Foto von Mesonychoteuthis, dem Kolosskalmar (das finden Sie im Internet). Trotzdem: Stellen Sie das Buch gleich neben den »Roten« ins Bücherregal.
Übrigens: Der einfachste Weg, in Deutschland einmal einen leibhaftigen Riesenkalmar zu sehen, ist ein Besuch des Meeresmuseums in Stralsund. Dort kann man seit kurzem einen echten Architeuthis bewundern, natürlich hinter Glas und konserviert.
Norman, Mark: Tintenfisch-Führer. Kraken, Argonauten, Sepien, Kalmare, Nautiliden. Weltweit. Jahr Verlag, Hamburg, 2000. (Ein Buch der Zeitschrift Tauchen)